Digitale Souveränität in und für Europa: Infrastrukturen, Plattformen und ein gemeinwohlorientiertes Ökosystem
In der Diagnose herrscht weitgehend Einigkeit, nicht aber bei der Frage, was aus ihr folgt: Die Technologiekonzerne – heute aus dem Silicon Valley, bald vor allem aus Peking – haben sich derart als zentrale Akteure in so verschiedenen Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Industrie oder Medien positioniert, dass der Weg um ihre Technologien und Ökosysteme herum mühsam, bisweilen kostspielig und technisch wie in Bezug auf das dafür notwendige Wissen voraussetzungsreich ist. Uneinigkeit besteht darin, wie auf diese Diagnose zu reagieren ist. Mit strikterer Regulierung, mit der Technologiekonzerne und Plattformbetreiber dazu gebracht werden, Verantwortung für die Folgen ihrer Geschäftsmodelle zu übernehmen? Mit kartellrechtlichen Maßnahmen, um der Größe und Dominanz der Angebote zumindest ein wenig einzugrenzen? Oder damit, gezielt Alternativen zu fördern, mit denen Schritt für Schritt ein gemeinwohlorientiertes Ökosystem aufgebaut werden kann? Lange haben Politik, Zivilgesellschaft und Unternehmen in Europa diese Dominanz vor allem als ein Problem der Markbeherrschung, des Datenschutzes sowie als Innovations- und Technologiedefizit behandelt. Inzwischen setzt sich endlich die Einschätzung durch, dass es um weit mehr geht als um Marktmacht oder um technologisches Aufholen und dass die Herausforderung großer und komplexer ist: Es geht um digitale Souveränität (vgl. Gueham, 2017; einordnend Couture & Toupin, 2019) in und für Europa – und zwar sowohl für jeden Einzelnen als Bürger, für europäische Institutionen als auch für die gesellschaftliche Integration Europas durch Wissenschaft, Kultur und Öffentlichkeit.
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